In 7 Stationen von der Krise in eine neue Normalität.
Franz Gosch & Andreas Gjecaj
Das Streben nach einer möglichst gerechten Verteilung, weil die Erde für alle Menschen da ist.
Das bekannte Zitat Mahatma Gandhis: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“, hat in der Corona-Krise seine zeitlose Gültigkeit bewiesen. Eigentlich ist die „allgemeine Bestimmung“ der Güter unserer Erde als kennzeichnendes Prinzip der Soziallehre bekannt. Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, die zu seiner Entwicklung notwendigen Güter in Anspruch zu nehmen. Beispiele sind die natürliche und menschliche Umwelt, trinkbares Wasser, saubere Luft, aber auch Zugang zu Information, Wissen und Ausbildung. Auf mindestens zwei Ebenen haben wir in Europa während des „Corona-Ernstfalls“ die gerechte Verteilung der Güter zugunsten von Angst und Gier geopfert: durch die „Hamsterkäufe“ vieler Bürger/innen und die „Exportverbote“ einzelner Regierungen.
Jene Staaten, die über medizinische Güter (Schutzanzüge, Masken, …) ein Exportverbot verhängten, wie z.B. Frankreich und Deutschland, müssen sich die Frage gefallen lassen, wodurch das zu rechtfertigen wäre. Soll wirklich, am Beginn des 21. Jahrhunderts und unter Mitgliedsstaaten der EU, deutsche Gesundheit und deutsches Leben schützenswerter sein, als jenes jenseits der Staatsgrenze, also polnisches, tschechisches oder österreichisches Leben? Und denkt man an die leergefegten Regale, weil in einer Mischung aus Angst und Gier mit übervollen Einkaufswägen, Konserven, Mehl und Klopapier gehamstert wurden, bleibt wohl nur Scham über dieses demaskierende Verhalten.
Die Soziallehre fordert uns zum Gegenteil auf, nämlich auf die Mitmenschen – und hier besonders die Armen – nicht zu vergessen. Papst Gregor der Große schrieb dazu: „Denn wenn wir die Bedürftigen mit dem Notwendigen versorgen, geben wir ihnen das Ihre zurück und verschenken nicht das Unsrige. Wir lösen eher das ein, was wir der Gerechtigkeit schulden, als dass wir ein Werk der Barmherzigkeit vollbringen.“
Selbst in der größten Krise ist Angst kein guter Ratgeber. Für eine „neue Normalität“ sollten wir ein Verhalten einüben, welches auf gegenseitiges Vertrauen setzt. Dies beinhaltet, dass geschlossene Verträge einzuhalten sind, wir uns aufeinander verlassen können und die Ärmsten nicht aus dem Blick verlieren. Ein Vorbild liefert der im Mai 2020 verstorbene Bischof emeritus Johann Weber: „Vertrauen hat einen längeren Atem als Angst! Ich danke Ihnen!“
Franz Gosch ist FCG-Landesvorsitzender Steiermark & GPA-Bundesgeschäftsführer
Andreas Gjecaj ist FCG-Generalsekretär, ÖGB-Sekretär und Redakteur des „Vorrang Mensch“-Teams
FCG Generalsekretär Andreas Gjecaj hat zu jeder der 7 Stationen: Soziallehre-Fahrplan –
In 7 Stationen aus der Krise, jeweils ein kurzes Video produziert.